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  Das Jahr 1936
 

 

Januar 36

Auch für die vernehmende Gestapo ist spätestens mit Beginn des Jahres 1936 die Führung an August Wagner übergegangen. Es wird nun deutlich, daß Kraak in Zusammenarbeit mit den ZK-Vertretern in Amsterdam Wagner Anweisungen erteilt. Kraak glaubt zu erkennen, daß die Emder Organisation nicht mehr straff genug geführt wird. Über seinen Kuriers Gandstra verlangt er, daß die Arbeit verstärkt werden muß. Gleichzeitig deutet er an, persönlich der Hafenstadt gegenüber einen Besuch abstatten zu wollen. Damit ist Wagner dagegen nicht einverstanden und antwortet, Kraak möge doch wegen der Gefahr für sich selbst, aber auch der Partei davon absehen. Wagner selbst kann nicht nach Delfzijl, weil er sich immer noch regelmässig am Abend auf der Polizeiwache melden muß und sehr wahrscheinlich keinen Paß hat.

Die Anreise von "Harrys" Instrukteur wird dagegen immer wahrscheinlicher. Bei seinem nächsten Besuch diesmal wieder in Stockholm einigen sich Gödeken und "Harry" darauf, daß der Zentralfunktionär nur für einen Tag kommen soll, damit eine Übernachtung nicht nötig wird. Emden braucht so keine weiteren Vorkehrungen treffen. Als Erkennungssignal -damit der fremde Genosse nicht etwa einen Falschen kontaktiert- wird ein bestimmter, recht komplizierter Text ausgemacht, den beide Seiten aufsagen müssen. Das Weitere würde Emden übernehmen.

"Harry" vernimmt das wohl gerne. Er schlägt vor, daß der Instrukteur mit Hilfe einer Postkarte sein genaues Kommen ankündigen wird, die er vorher an Gödeken schickt. Auch wenn der Seemann auf Fahrt sein sollte, könnten immer noch seine Brüder für alles Weitere sorgen. Der Emder erhält noch den zweiten Teil des "Weltkongresses" ausgehändigt und verläßt Stockholm. Beide wissen nicht, daß sie sich zum letzten Mal gesehen haben.

Inzwischen spitzen sich die Personalprobleme in der KPD Emden zu. Körbers Arbeitslosigkeit geht zuende, er erhält Arbeit, ausgerechnet auf einem Schiff als Smut und Bäcker. Für die nächsten Monate wenigstens fällt er damit für Wagner aus. Auch Hieronimus, einer der Männer in Larrelt, findet eine feste Anstellung, auch er kehrt Emden den Rücken nach Wilhelmshaven.

Wenn Kraak recht hat mit seiner Einschätzung, die nachlassenden Aktivitäten müßten im Gegenteil wieder verstärkt werden, so ist es fraglich, ob er die Entwicklung der Organisation im Einzelnen aus seinem Exil in Holland im Auge haben kann. Die Abwanderung der Genossen, die nichts mit politischer Resignation zutun hat, - wenn auch der eine oder andere froh sein mag, die Parteiarbeit hinter sich lassen zu können - , kann von Wagner nicht mit Appellen oder Druck aufgehalten werden. Dazu kommt noch der immer stärker werdende Zwang zur Geheimhaltung, auch untereinander, der letztlich am Rande stehende Genossen isolieren muß. Die Partei befindet sich in dem Teufelskreis, stärker wirksam werden zu sollen unter immer strengerer Konspirativität mit immer weniger Mitarbeitern.

Auch Jonny Janssen zieht sich jetzt endgültig zurück. Er tut das allerdings unter geheimnisvollen Umständen. Als Ex-Kassenchef erscheint er noch einmal bei Karl Wagner, der auch weiterhin einen Teil der Parteikasse hütet, und holt 50 Mark ab. "Für dieses Geld habe ich damals einen Schreibtisch gekauft, der beim Finanzamt versteigert wurde. Da ich in Geldverlegenheit war, habe ich den Schreibtisch sofort wieder verkauft und den Erlös für mich verbraucht!" August Wagner bestätigt den Vorgang, wenn auch nicht im Detail: "Da er weder Fegter, Giesen, meinem Bruder Karl noch mir etwas über den Verbleib des Geldes gesagt hatte, bekamen wir Mißtrauen gegen ihn." War es ein Fall von Geldwäsche? Am Ende sind diese Aussagen genauso schwer zu werten, wie die Unterhosengeschichte Kraaks, sie mögen für bare Münze genommen werden oder nicht. Das Ergebnis bleibt gleich: Janssen ist raus.

An der Gesamtlage kann allerdings auch der erwartete Instrukteur "Harrys" nichts ändern. Zwischenzeitlich hat Gödeken August Wagner unterrichtet über dessen mögliches Eintreffen. Nacheinander berät der Parteichef mit dem Seemann und Giesen die damit zusammenhängenden Fragen. Für Wagner ist ein persönliches Treffen mit dem Bremer wegen seines Bekanntheitsgrades zu gefährlich. Schließlich erteilt er Giesen die Anweisung, sich des Kuriers anzunehmen. Giesen soll aber nur sagen, daß die Organisation in Emden immer weiter zurückginge und daß man keinen Wert auf eine Verbindung mit den Bremern lege.

Noch im Januar kommt bei den Gödekens Zuhause eine Ansichtskarte mit einer Abbildung des Bremer Hauptbahnhofes an. Bereits einen Tag später will der Instrukteur selber folgen und kurz nach Mittag an der Wallbrücke eintreffen.

Dann kommt es wohl zu einem Irrtum, denn der Fremde sucht die ihm wahrscheinlich von der Karte her bekannte Adresse direkt auf und trifft auf Johannes Gödeken. Der Mann gibt sich gleich zu erkennen als KPD-Mitarbeiter und will einen Emder Funktionär sprechen. Johannes Gödeken ist sicher platt, weil niemand soviel Unvorsichtigkeit zeigen darf. Glücklicherweise ist Richards Bruder aber informiert, wer der gesuchte Funktionär ist. So eilt er zu Giesen, der wohl schon Zuhause wartete, und bestellt ihn für den frühen Nachmittag zu der erwähnten Brücke.

Giesen ist pünktlich vor Ort und hält Ausschau nach den verabredeten Erkennungszeichen. Ein scheinbar wartender Mann trägt eine Hamburger Zeitung in der rechten Rocktasche. Der Mann zögert ein wenig, als er den Emder sieht, beißt aber bei Giesens Näherkommen richtig von einem Apfel ab und fragt: "Sind dort in dem Wasser bei der Brücke Fische zu fangen?" Giesen erkennt den Text, und nun wissen beide, daß sie den Richtigen vor sich haben.

Die Unterredung dauert ungefähr eine Stunde, doch wo sie stattfand, ist nicht bekannt. Wahrscheinlich sind Giesen und sein Gast über den Wall geschlendert, denn der Instrukteur will genau informiert werden über die Emder Partei. Ob noch kassiert würde, ob noch Zeitungen hereinkämen und ob Giesen der Leiter der Partei sei. Er würde nun gerne auf der Sitzung zu den Funktionären sprechen wollen. Giesen weiß nicht, was er darauf antworten soll, auf einen solchen Vorschlag hat Wagner ihn nicht vorbereitet und so weicht er aus. der Fremde ist baß erstaunt, als er merkt, daß es kein Treffen mit anderen geben wird. So gibt er Giesen Einzelunterricht:

In Zukunft solle die illegale Tätigkeit auf Betriebsarbeit umgestellt werden, auf diese Weise könne die Arbeit besser gesichert und gleichzeitig weiter ausgebaut werden und so überzeugender wirken. In Zukunft würden keine Instrukteure mehr nach Deutschland geschickt, das sei mittlerweile zu gefährlich geworden. Aber in drei Wochen wolle er noch einmal vorbei kommen. Er erkundigt sich auch, wie die Arbeitslage in der Seehafenstadt sei, wo er herkäme, gäbe es keine Arbeitslosen mehr. Dann geht er, wahrscheinlich frustriert, wie Giesen sicher auch ein wenig ratlos.

Anschließend berichtet Giesen Wagner über das Treffen, und sicherlich auch Richard Gödeken, denn der wird Stockholm unterrichten wollen. Per Geheimtinte jedenfalls, denn Gödekens Dampfer soll jetzt eine andere Linie befahren, er kommt nicht mehr nach Schweden. Damit reißt die direkte Verbindung zu und über "Harry" ab.

Februar 36

Das Unglück geht weiter. Im Februar erhält Harm Giesen auch wieder einen festen Job, allerdings auf einer Emder Werft, er fällt nicht vollständig aus, kann sich dagegen sogar an der Betriebsarbeit beteiligen, denn die gibt es natürlich auch noch, wenngleich die kleinen und kleinsten Erfolge viel weniger spektakulär sind als die großen im Rahmen der Seeschiffahrt und internationalen Verbindungen. Bis in die letzten Jahre ihrer Herrschaft ist es den Nazis nicht gelungen, jeden Widerstand auf den Werften und anderen größeren Betrieben zu brechen.

März 36

Fegter geht im März nach Bremen, weil er eine Anstellung auf der AG Weser Werft hat. Es ist möglich, daß auch Frerk Willerts und Jan Engels ihre Kassierertätigkeiten aufgeben, jedenfalls sagen dies die Naziquellen. Zu allem Überfluß wird die Verbindung nach Leer immer schlechter. Seit Groothuis wegen seiner Berufstätigkeit weniger Zeit hat, kann er sich kaum noch um die Partei kümmern, und auch Janssen-Kruse kommt immer seltener bei Scheiwe vorbei.

Wagner sammelt seine Truppen, viele hat er nicht mehr. Abgesehen von Giesen, auf den er sich zunehmend stützt, sind da noch die Staubs, Kittner in Friesland und die Gödeken Brüder, vielleicht noch der eine oder andere unbekannte Aktivist. Es gibt darüberhinaus sicher noch etliche "nur" zahlende Mitglieder, aber die helfen der Leitung nicht.

Wagner gibt jetzt die strenge Funktionsordnung, wie den Organisationsleiter-Posten und den des politischen Leiters auf. Bis auf den Hauptkassierer Giesen machen wohl mehr oder weniger alle alles.

April 36

Im April setzt sich die Negativliste fort. Mellendorf heuert als Heizer auf einem Seeschiff an. Interessant ist die Route, die er fahren wird, der Dampfer läuft tatsächlich auch nach Narvik in Norwegen, nach Rotterdam und nach Schweden. Daß er später angibt, niemals Schriftmaterial mitgebracht zu haben und auch nie Gast in den so erfolgreichen Interclubs gewesen sein will, ist nicht glaubhaft.

Ostern kommt Richard Gödeken aus Amerika zurück, und noch einer ist wieder mal im Hafen: Radatz. Die "Kronshagen" ist zwar in Emden beheimatet, trotzdem legt sie nur selten hier an. Er nutzt die Gelegenheit, mit seinen alten Freunden zu sprechen. Was er von ihnen hört, gefällt ihm sicher weniger. Aber fordert sie noch einmal auf, nie den Zusammenhalt zu verlieren und weiter treu zur sozialistischen Sache zu stehen. Daß er sich so sorgt, ist ein untrüglicher Beweis dafür, daß er vor sechs Monaten nicht einfach verschwunden ist. Bis Jahresende wird er weitere zwei Besuche in Emden machen können. Aber auch er kann die Situation nicht ändern.

Es gibt immer weniger zu berichten. Selbst wenn die Geheimhaltung derart greift, daß alle Bestrebungen der KPD unsichtbar, aber erfolgreich ablaufen, es sollte mehr nach außen dringen. Der Meltau der scheinbaren Erfolge der Nazis, die Arbeitsbeschaffungen, zusammen mit der eigenen offenbaren Wirkungslosigkeit liegt über allem.

Möglich ist aber auch, daß die Umstellung der Parteiarbeit von den Wohngebietsgruppen auf die Betriebe Früchte zeigt. Es wäre nur folgerichtig, daß der Wechsel der politischen Arbeit vom "breiten Streuen" zur "individuellen innerbetrieblichen Überzeugungsarbeit" immer schwerer zu erkennen sein müßte. Es ist sicher leichter, einzelne Arbeiter "unbeobachtet" an ihren Werkstätten zusammenzubringen und zu agitieren, als über die Straße und große Öffentlichkeit.

Kraak weiß das natürlich auch. Es muß ihm schwerfallen, in Holland zu bleiben, wie gerne würde er direkt in Emden eingreifen. Er bleibt aber auf mittelbares Wirken angewiesen.

Mai 36 - Juni 36

Pfingsten bietet sich eine gute Gelegenheit, seinen Einfluß zu verstärken. Über die Emsmündung fahren verbilligte Vergnügungsdampfer hin und her. In Delfzijl ist zudem Schützenfest, und so ergeht eine offizielle Einladung der Gandstras an die Familie Staub, die damit als Verbindungsleute tätig werden sollen. Wagner informiert das befreundete Ehepaar über die schlechte Lage in Emden, es soll Kraak offen über alles berichten.

Mit dem Dampfer in der kleinen holländischen Hafenstadt angekommen werden die Staubs sogleich von einem Mann empfangen, der sie zu Kraak führt. Und während Frau Staub sich abseits mit einer Holländerin unterhält, sprich ihr Mann eingehend mit Kraak. Er erzählt auftragsgemäß, daß in Emden die politische Arbeit eigentlich nur noch im Kassieren bestünde und das auch diese immer weiter zurückginge.

Der Exilant ist bestimmt nicht überrascht und er kann auch keine Patentlösung herbeizaubern. Aber erstellt die Forderung, daß ab jetzt alle vier Wochen ein Emder Genosse herüber kommen soll. Insbesondere die Betriebsarbeit müßte verstärkt werden, verlangt Kraak, eine Forderung, die Wagner nicht unbekannt ist, als er davon hört. Aber es scheint, als wäre die Reise der Staubs ein Mißerfolg, denn es gelingt den Emdern in den nächsten Monaten nicht, eine regelmäßige Verbindung mit den Niederlanden einzurichten.

Juli 36

Dann bricht im Juli in Spanien der Bürgerkrieg aus. Über drei Jahre warten die demokratischen Kräfte (zu denen sich auch die Kommunisten zählen) in Deutschland nun schon auf den Bankrott der Faschisten, der entgegen aller Voraussagen und trotz des opferreichen Kampfes einfach nicht kommen will. Die Vorstellung so vieler, wie auch Janssen (I) meint, "...das die KPD-Auflösung nur eine vorübergehende sein...", ist der Wirklichkeit gewichen. Jetzt aber richten sich alle Augen auf Spanien, da wird das große Ringen plötzlich handgreiflich, da ist kein Kampf im Geheimen mit versteckten Aktionen, Kassierungen mit Angst im Nacken, konspirativen Treffen und plötzlichen Verhaftungen. Da ist wieder erwachender Mut, auch in Emden.

Selbst Wagner läßt sich mitreißen. Er glaubt nun an eine baldige Änderung der internationalen Lage und daß, wenn auch nicht gerade ein Umsturz, so doch eine "Milderung" der Situation in Deutschland eintreten würde. "Jetzt mußte die internationale Solidarität doch zeigen, was sie vermochte." (Wagner).

August 36

Bis in den August hinein brauchen die Emder aber noch, bis sie praktische Solidarität üben. Dazu kommt Wagner nacheinander mit Giesen und einem nicht namentlich genannten Genossen zusammen und berät den Vorschlag, von dem mittlerweile nicht unerheblich angewachsenen Parteikapital einhundert Reichsmark für die Spanienhilfe an die "Rote Hilfe" in Holland zu senden. Der Kassierer und der Ungenannte sind damit einverstanden.

Wagner spannt Frau Staub ein. Sie soll bei nächster Gelegenheit mit Gandstra sprechen und ihn veranlassen, den Transport nach Delfzijl zu übernehmen. Bruder Karl weiß schon Bescheid, als Aaltje Staub das Geld bei ihm abholt, und sie gibt es wie geplant an Gandstra weiter. Erst viel später kann der Verwandt bestätigen, daß der Betrag richtig angekommen ist.

Von Holland aus gehen nun viele emigrierte deutsche Kommunisten auf die iberische Halbinsel. Auch Kraak geht nach Spanien, ein Entschluß, der sicher keinen überrascht, der ihn kennt. Die Emder erfahren von seinem Weggang allerdings erst spät. Anfangs gibt es nur Gerüchte darüber. Dann aber wird klar, daß die letzte direkte und vor allem erprobte Verbindung in die Niederlande und zur KP-Zentrale abgerissen ist. Gandstra überbringt die Nachricht. Kraak ist fort.

Wagner wird schon vorher genaue Informationen über den Entschluß "Jampis" gehabt haben. Leer dagegen sucht nun von sich aus eine bessere Anbindung an die Unterbezirksleitung. Und es sieht so aus, als ob die Genossen dort nicht die Ursache für die schlechten Beziehungen der letzten Zeit waren. Janssen-Kruse trifft wieder bei Scheiwe ein. Er ist unzufrieden mit dem Kontaktmann Groothuis, denn der hat zu wiederholten Male kein Material für ihn hinterlassen. Das mag Scheiwe nur recht gewesen sein, der Wirt ist mehr als gefährdet, in seinem Haus gehen Fremde und sicher auch Nazis ein und aus. Er hat schon daran gedacht, alle Tätigkeit für die Partei einzustellen, und bald wird er das auch tun, jedenfalls offiziell.

Für JK sind das aber keine Argumente, er braucht für eine erfolgreiche Politik in Leer und Umgebung dringend frische Zeitungen und Broschüren. Scheiwe kann ihm auch nicht helfen, ob JK schließlich von ihm Groothuis Privatadresse erhält oder ob er die schon kennt - jedenfalls sucht er nach Feierabend den Emder Zuhause auf. Ein einmaliger Vorgang, JK durchbricht alle Regeln der Geheimhaltung und bringt damit nicht nur Groothuis und sich in Gefahr. Aller Ärger über schlechte Literaturversorgung kann das nicht rechtfertigen.

Aber nun ist er einmal da. Er verlangt von Groothuis, dessen Reaktion unbekannt ist, einen neuen Verbindungsmann und vor allem Material. Der Emder hat natürlich keine verbotenen Schriften bei sich in der Wohnung herumliegen. Er muß JK auf ein weiteres Treffen, möglichst bald, vertrösten. Der Leeraner kann nur hoffen, daß sein Auftritt wenigstens später Wirkung zeigen wird. Er fährt zurück. Es sind nur wenige Tage vergangen, da erscheint JK erneut bei Scheiwe. Der Wirt kann nur die Achseln zucken, meint aber dann, eben sei einer hier gewesen, der käme gleich zurück, auf den könne JK warten. Endlich betritt ein Mann die Wirtschaft, aber in Begleitung einer Frau. JK beobachtet von seinem Platz aus, wie Scheiwe einige Worte mit dem Manne wechselt. Schließlich setzt sich das Pärchen zu JK an seinen Tisch. Ob er aus Leer sei, fragt der Mann. JK kann sich nur darauf verlassen, daß der Wirt des "Kap Hoorn" ihm keinen bösen Streich spielt. Aber die bei ihm sitzen, sind die Kittners und JK packt endlich seinen ganzen Frust auf den Tisch.

Kittner erklärt schließlich, daß er aus Friesland sei, ihm aber wohl trotzdem helfen könne. JK solle sich gegen Mittag in Richtung des Emder Vorortes begeben. "Wir trafen uns dann auf einem freien Platz in der Nähe des Bauernhauses." Wahrscheinlich ist damit "Brockmanns Eck" gemeint, ein Ort, der bald noch einmal genannt wird. Hier erhält JK endlich einige kleine Broschüren. Kittner verabschiedet sich sofort darauf und geht in Richtung Friesland zurück.

Wahrscheinlich ist bei diesem ersten Treffen ein zweites ausgemacht worden, denn JK begegnet Kittner bei Scheiwe noch einmal. Und wieder ist er unzufrieden, diesmal will er unbedingt mit Groothuis sprechen, er besteht darauf, und so bleibt Kittner nichts anderes übrig, als Groothuis zu holen.

Die Zusammenkunft soll wieder bei "Brockmanns Eck" sein, das nun auch dem Leeraner bekannt ist. Der Grund für JKs Drängelei ist aber diesmal nicht der Ärger über Groothuis Unzuverlässigkeit, im Gegenteil, er will der Unterbezirksleitung kundtun, daß Leer nun seinerseits eine Quelle für Schriftgut hat und daß der Flüchtlingsweg nach Holland wieder offensteht. Er händigt den sicher überraschten Emdern eine Rolle mit Papieren aus, Heftchen "Reklame für Edelweiß" und "Inprekorr".

Groothuis weist ihn daraufhin noch einmal an, in Leer weiter zu arbeiten und auch die Beiträge bei Scheiwe wie immer abzugeben. Dann geht Kittner, der sich die ganze Zeit abseits gehalten hat und von dem Geschehen offiziell nichts mitkriegt, in Richtung Heimat, während JK und Groothuis nach Emden zurückkehren.

September 36

Mittlerweile ist der Herbst da, seit September kassiert Wallerstein in Borssum nicht mehr. Kittner erhält von ihm noch ein letztes Mal sechs Reichsmark und händigt das Geld einer Frau Freese wohl als Unterstützung aus, deren Mann sich in Haft befindet.

Oktober 36

Im Oktober beendet Berg seine Tätigkeit für die Partei. Der Grund: er erhält Arbeit auf Borkum.

November 36

Der November bringt ein freudiges Ereignis. Hermann de Groot heiratet. Er gibt deshalb seine Seefahrt auf und findet Arbeit bei einer Werft. Damit fällt er zwar als Nachschublieferant aus, beteiligt sich aber sicher an der genauso wichtigen Betriebsarbeit.

Winkels hat von ihm die letzen Schriften für seinen Einheitsverband erhalten und dieser Umstand veranlaßt den Verbandsleiter wohl, noch einmal einen Zentralfunktionär nach Emden zu bestellen. Es ist unbekannt, auf welchem Wege das gelingt, mit wem er sich trifft und was das Ergebnis dieser Unterredung ist. Bemerkenswert allein, daß diese Nebenorganisation der KPD überhaupt noch solch enge Kontakte mit Bremen hat.

Wagners Verbindungen hingegen scheinen nach allen Seiten abgerissen zu sein. Es sieht so aus, als wäre er nicht einmal über die Leeraner Angebote und Möglichkeiten unterrichtet.

Dezember 36

Deshalb versucht von der anderen Seite der Ems die in Holland rührige KP-Führung ihrerseits noch einmal, eine stabile Kommunikationsstrecke herzustellen. In der Wohnung der Staubs erscheint Ende November/Anfang Dezember ein Holländer. Wagner ist auch da, ob geplant oder zufällig.

Der Mann spricht nicht fließend deutsch, ist aber zu verstehen. Er fährt auf einem Schlepper, ein Indiz dafür, daß er direkt aus dem Emder Hafen kommt. Der Holländer will keine Informationen, er will wieder dasselbe, was auch schon Kraak wollte: regelmäßige Kuriere von Emden in die Niederlande. Wagner versucht ihm begreiflich zu machen, daß dieses Ansinnen unmöglich zu verwirklichen sei. Illegal komme man hier nirgends über die Ems. Nach Bunde und Weener, so Wagner, bestünden keine Kontakte mehr. Die einzige Möglichkeit, die der Parteileiter sieht, wäre, einen Genossen ganz legal mit Papieren hinüber zu schicken - und dabei würde er sein Bestes versuchen. Es solle, wie im Falle "Harrys" mittels einer Karte nach Delfzijl der Kurier angekündigt werden, damit die Genossen drüben ihn abholen und sich kümmern könnten. Damit war der Holländer einverstanden und verschwand wieder.

Wagner überlegt sich lange, wen er schicken soll. Er ist im Prinzip bereit, der Anweisung von "oben" nachzukommen. Dann fällt ihm zuletzt Georg Kittner ein, der hat in Holland eine Tochter verheiratet und - das Beste -, er hat einen Paß. Aber etwas dauert es noch, bis Wagner sich mit Kittner kurzschließen kann.

Am 8.12. wird der Kapitän Richard Gödekens versetzt auf den Dampfer "Amerika" und nimmt seinen Steward mit. Gödeken verliert die letzte Chance, weiteren Lesestoff nach Emden zu schaffen. Der Dezember ist auch der Monat, in dem Fritz Piehns Frau im Wochenbett stirbt und ein Kind und ihren Mann zurückläßt. Damit endet das Jahr und es wird das schwere 1937 beginnen.