Hans-Gerd Wendt:
Wimpel des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold
Nachdem die Faschisten
die politische Opposition ab März 1933 mit brutalsten Mitteln
unterdrückte und jeden Widerstand auszuschalten versuchten, gingen
sie gleichzeitig daran, möglichst alle Erinnerungen besonders an die
Arbeiterbewegung im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich,
auszulöschen. Entsprechende Verbote, die zum Beispiel den Besitz von
Abzeichen, Bildern und Plakaten, Büchern und vor allem aber
identitätsstiftenden Symbolen wie Fahnen und Wimpel unter Strafe
stellten, wurden rigoros durchgesetzt. Hausdurchsuchungen bei
bekannten Hitlergegnern in SPD und KPD waren an der Tagesordnung. Aus
diesem Grunde sind nur sehr wenige Dokumente und Exemplare besonders
der wichtigeren Parteiengüter gerettet worden. Es gehörte schon Mut
dazu, wenn einzelne Menschen die auf vielen Demonstrationen und
Veranstaltungen vorangetragenen und zur Schau gestellten, meist
aufwändig dekorierten Fahnen in Sicherheit brachten und versteckten.
Zumindest Gefängnis, wenn nicht Zuchthaus oder sogar KZ-Haft war
diesen mutigen Parteigenossen sicher, wenn die Gegenstände entdeckt
wurden. Auch diese Taten waren Teil des politischen Widerstandes!
Vor einiger Zeit entdeckte die
Ubbo-Emmius-Gesellschaft in einem kleinen Trödelladen einen
originalen Wimpel des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“.
Gerahmt und beidseitig
sichtbar steht auf der einen Seite „R.S.R.G Jugendabteilung
Hinte“, auf der anderen „Frei Heil“ mit einem Adler in der
Mitte. Jeweils unten ist eine Plakette „1924“ und eine zweite mit
der Gravur „Reichsbanner Schwarz Rot Gold 1924“ angebracht.
Zusätzlich ist hinter dem Glas der folgende handschriftliche Text
auf einfachem Papier lesbar:
„Dieser Jugendwimpel
vom Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold wurde von mir in einem sicheren
Versteck in unserer Wohnung in Loppersum im Jahre 1933 aufbewahrt und
trotz Haussuchung durch die SA nicht gefunden und somit bis zum
heutigen tage als Erinnerung erhalten geblieben.
Harm Ruben
Norden 1 Am Moortief
1.“
Das „Reichsbanner
Schwarz-Rot-Gold“ wurde 1924 von verschiedenen demokratischen
Organisationen, vor allem aber der SPD, gegründet.
„...Das Reichsbanner
war ein Veteranenverband, in dem Kriegsteilnehmer des Ersten
Weltkrieges ihre Kriegserfahrungen mit ihrem
Eintreten für die Republik verbanden. Seine Hauptaufgabe sah das
Reichsbanner somit in der Verteidigung der Weimarer
Republik gegen Feinde aus den
nationalsozialistischen,
monarchistischen
und kommunistischen
Lagern. (...)
Am 16. Dezember 1931
bildete das Reichsbanner mit dem Arbeiter-Turn-
und Sportbund (ATSB), dem Allgemeinen
Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) sowie der
Sozialdemokratischen
Partei Deutschlands die Eiserne
Front. Da dies ohne vorherige Fühlungnahme mit den
noch verbliebenen Mitgliedern der Zentrumspartei, die häufig aus den
Christlichen Gewerkschaften und den katholischen Arbeiter- und
Gesellenvereinen stammten, sowie der Deutschen Staatspartei
stattfand, wurde die Eiserne Front eine nahezu rein SPD-geführte
Organisation. (...)
In der Eisernen Front
fiel dem Reichsbanner die wehrtechnische Leitung zu...“ (Quelle:
Wikipedia)
Es war Harm Ruben aus
Loppersum der den Jugendwimpel bei sich zuhause so sicher
unterbrachte, dass er die Nazis, Krieg und Zerstörung überstand.
Die Ubbo-Emmius-Gesellschaft hofft, dass dieses Beispiel
antifaschistischen Handelns und die ihm zugrundeliegende Hoffnung auf
eine Überwindung des Faschismus bald einen Platz in Emdens
Öffentlichkeit findet und gebührend gewürdigt wird.