Die Reichspogromnacht in Emden
Sorge
um die Reaktionen des Auslands - sofern es um Geschäfte ging - bremsten
nur in geringem Maße die antisemitischen Ausschreitungen. So das Beispiel
aus Emden:
"In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Emdener Synagoge
Am Sandpfad, heute Bollwerkstraße, geplündert und dann in Brand gesetzt.
Die Nazis hatten den Jahrestag des Münchner Putschversuches ihrer Partei
von 1923 mit einem Fackelumzug gefeiert und anschließend ein Fest in der
Herrentorschule veranstaltet: Von dort brachen sie nachts um vier Uhr auf, zerstörten
die Kultstätte der jüdischen Gemeinde und überfielen zahlreiche
jüdische Familien, ihre Häuser und Läden. Ein jüdischer
Schlachter, Daniel de Beer, wurde in seinem Haus in der Nähe der Oldersumer
Straße angeschossen; er schleppte sich noch bis zum Rathausplatz, bevor
er seinen Verletzungen erlag. Ebenfalls angeschossen wurde der Vater von Walter
Philipson in seinem Haus, in das vier Emdener Marine-SA-Männer eingedrungen
waren. Alle jüdischen Mitbürger wurden in der Turnhalle der Neutorschule
zusammengetrieben, wo sie die Nacht verbringen mußten. Am Morgen wurden
die Frauen entlassen, die Männer aber blieben inhaftiert:
‚Auch das Lager in der Neutorschule mußte von Blut gereinigt werden
... Emden war Hafenstadt. Die Schiffer, die in die Stadt kamen, sollten die
Dinge nicht sehen und nicht fotografieren, das wäre ja ein Greuelmärchen.'
... Am 11. November 1938 vormittags wurden die etwa 60 jüdischen Männer
von der Gestapo übernommen. Sie mußten durch die ganze Stadt bis
zum Bahnhof-West marschieren, von wo aus sie nach Oldenburg und von dort in
das Konzentrationslager Sachsenhausen kamen."