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Ein Tag in Emden

Der im Folgenden zu lesende Text eines Vertreters des Zentralkomitees (ZK) der „Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)“ ist keine Propaganda, wie man vermuten könnte, sondern sollte eigentlich die objektive Berichterstattung über eine regionale Veranstaltung der KP an die Parteispitze in Berlin sein. Auch wir wollen die Schilderung nicht als Jubeloper verstanden wissen - eher als ein Dokument der Überschätzung der Kraft der linken Bewegung sogar in den eigenen Reihen. Es bleibt unbestritten, dass die Emder Kommunisten eine starke Partei aufgebaut hatten, trotzdem war nur drei Jahre später die Straße fest in den Händen der Nazis.

Gleichzeitig dokumentiert der Bericht aber auch das Verbundensein der Emder mit der internationalen Arbeiterbewegung, vor allem mit den Holländern. Hier liegen die Wurzeln für die so erfolgreiche Zusammenarbeit der niederländischen und deutschen Kommunisten während der Zeit des Hitlerfaschismus, die in der „Roden Hulp“ ihren konkreten Niederschlag fand...

„Bericht vom Grenztreffen in Emden/ Bezirk Nordwest ZK-Vertreter Hein.(auf nachfolgender Handschrift Heins Datum 3.August 1930/W.)

Mein erster Eindruck beim Verlassen des Bahnhofs in Emden war derartig begeistert, jeder wurde erfasst, die Arbeiter standen, lasen die Parolen, diskutierten über dieselben, selbst Bürgerliche konnten nicht achtlos vorübergehen. Um ½ 9 Uhr waren alle Strassen belebt. Ganze Straßenzüge, wo Arbeiter wohnten, waren rot geflaggt. Unsere Genossen hatten an den Hauptverkehrstellen der Stadt lange Masten in das aufgerissene Pflaster gerammt (und) durch rote Transparente verbunden, auf denen die Losungen standen: ,Krieg dem imperialistischen Kriege’ ,Vorwärts im Geiste Lenins’, ,Liebknecht’ ,Gegen Young-Plan’, ,Gegen RFB-Verbot’, Jugend- und Frauenparolen, Wahlparolen, am 14.September die Liste 4 zu wählen usf.

Ja, ich sage ohne zu übertreiben, Emden wurde am Sonntag von den Kommunisten beherrscht.

Um 10 Uhr bewegte sich ein Demonstrationszug von etwa 2000 zum Außenhafen, um die Holländer Genossen abzuholen und zu begrüßen. Die Holländer waren mit 600 Genossen gekommen. Bremen war mit zwölf Autos vertreten zu je 5O Genossen. Im Zuge marschierte eine Hundertschaft RFB in voller Uniform. Hin- und zurück war die Polizei nicht vertreten, dafür beim Hauptaufmarsch preußische Verschärfung. Der Hauptzug formierte sich um ½ 3 Uhr und bewegte sich mit verschiedenen Kapellen und Tambourkorps 1 ½ Stunden durch die Stadt, in den Arbeitervierteln stürmisch begrüßt. Die Spitze des Zuges hatten die Holländer, dann Bremen, ihnen folgte die Hundertschaft des RFB in voller Uniform.

Am Rathausplatz gab es mit der Polizei und RFB einen Zusammenstoß, drei Genossen wurden verhaftet. An dieser Stelle hatte die Polizei ihre Hauptkräfte stationiert. Der RFB zog Kittel über. Nachdem die Polizeikette passiert war, marschierte der RFB wieder in voller Uniform bis zum Hauptsammelplatz. Der Genosse Hein begrüßte als ZK-Vertreter der Partei die holländischen Jungpioniere, die Genossen des Jugendverbandes, die Genossinnen, Genossen und ZK-Vertreter der holländischen Partei, desgleichen die englischen Jungpioniere. Seine flammenden, mitreißenden Worte fanden anhaltende begeisterte Zustimmung, desgleichen die Worte des Vertreters der holländischen Partei. Ungeheure Begeisterung fanden die flammenden Worte der englischen Jungpioniere vom Berliner SLOT-Treffen, desgleichen die Ausführungen des Vertreters des Bezirkes Gen. Taube. Anschließend machte die Gruppe ,Blaue Blusen’ eine wirksame Propaganda gegen den imperialistischen Krieg, sowie eine wirksame Wahlpropaganda für die Liste 4, die KPD.

Die Genossen Wendt und Taube versicherten mir, dass Emden eine solche wuchtige Kundgebung der KPD noch nicht gesehen hat. Es waren 4000 Demonstranten, ohne was sich in den Straßen neben dem Zug bewegte.

Ich möchte bemerken, dass die Kundgebung ein Erfolg für die Partei war, der sich auch politisch auswirken muss.

Mit kommunistischem Gruß.

Hein.“